GEMA muß zurück stecken

Die urheberrechtliche Schiedsstelle erteilt den Vorstellungen der GEMA eine Absage. Das was sie eine „Tarifreform“ nenne, stelle „einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar,“ da Nutzungsart, Nutzungsintensität und Nutzungsumfang bei der Tarifgestaltung nicht berücksichtigt und keine sachgerechte Differenzierung vorgenommen wurden. Die Schiedsstelle konstatiert einen Verstoß gegen urheber- und kartellrechtliche Vorschriften. Die geforderten Tariferhöhungen bezeichnete die Schiedsstelle als „nicht angemessen“ und „überhöht“.

Die GEMA hat ein Werk vorgelegt, das aus elf bestehenden Tarifen nur noch zwei machte. Hiernach drohten Musikveranstaltern deutliche, zum Teil existenzgefährdende Abgaben, die für Discotheken z.B. durchschnittlich 500prozentige Erhöhungen, für Musikkneipen sogar bis zu 2 000prozentige vorsahen. Diesen „Mondtarifen“ hat die Schiedsstelle eine Absage erteilt.

Die Schlichtung im Detail
Die Tarife für Varietébetriebe, Stadt- und Straßenfeste, Kleinkunstbühnen, Wortkabaretts, regelmäßige Musikaufführungen mit Musikern ohne Tanz, Musikaufführungen mit Musikern in Tanzlokalen und Musikwiedergaben mittels Tonträger in Table-Dance-Lokalen bleiben in ihrer Tarifstruktur und -höhe völlig unverändert.

Auch die Tarife UV-K I und M-U I für Einzelveranstaltungen mit Live- oder mit Tonträgermusik halten an den grundsätzlichen Tarifparametern (qm und Eintrittsgeld) fest. Diese werden nun ohne Zwischenstufen in 100 qm- und Ein-Euro-Schritten unterteilt. Allerdings hält die Schiedsstelle hier eine Linearisierung der Tarifsätze für sachgerecht. Das hat zur Folge, dass sich vor allem Veranstaltungen in großen Räumen (z.B. 1.000-2.000 qm) und mit hohem, für die GEMA-Berechnung „relevantem“ Eintrittsgeld (z.B. € 20,-bis € 50,-) um 80% bis 390% verteuern. Hinzu kommen Zeitzuschläge für über acht Stunden hinaus gehende Veranstaltungen.

Aber: Die Abgaben für die überwiegende Anzahl kleiner Veranstaltungen in Räumen mit Grundflächen bis ca. 1.000 qm und einem Eintrittsgeld von bis zu € 10,- um teilweise bis zu 49% günstiger.

Im Hinblick auf die am stärksten von den neuen Tarifen betroffenen Musikkneipen, Clubs und Discotheken konnten zahlreiche, von der Bundesvereinigung der Musikveranstalter vorgetragene Sachargumente überzeugen. So hält die Schiedsstelle dann auch an der pauschalierten Regelung fest, gestaltet jedoch die Unterteilung nach Öffnungstagen neu (bisher: bis 16 und mehr als 16 Öffnungstage, zukünftig: bis 12, bis 18, bis 24, mehr als 24 Öffnungstage).

Ein Entgelt von mehr als € 3,- (bei Musikkneipen) bzw. € 6,- (bei Discotheken) soll nun bei der Tarifberechnung berücksichtigt werden und mit entsprechenden Zuschlägen (13% je weitere € 1,- bei Musikkneipen bzw. 20% je weitere € 3,- bei Discotheken).
Wenn dieser Vorschlag umgesetzt werden würde, käme es für die Musiknutzung in Musikkneipen je nach Anzahl der „relevanten“ Öffnungstage zu Erhöhungen zwischen 30% bis 100% zuzüglich etwaiger Eintrittsgeldzuschläge. Für das Segment der Clubs und Discotheken mit bis zu € 6,- Eintrittsgeld würden sich je nach Anzahl der Öffnungstage Steigerungen zwischen 45% bis 100% ergeben zuzüglich etwaiger Eintrittsgeldzuschläge. Zur Markteinführung wären Nachlässe für einen Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen.

Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter und ihre Mitgliedsverbände, wie z.B. der Dehoga, halten diese von der Schiedsstelle vorgesehenen Erhöhungen der seit Jahrzehnten im Markt üblichen Abgaben, die im Übrigen jährlich der allgemeinen Preisentwicklung angepaßt wurden, für unangemessen. Sie wird daher den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle sehr sorgfältig analysieren und prüfen, ob der weitere Rechtsweg zum OLG München und zum Bundesgerichtshof beschritten werden sollte. Ausschlaggebend werden hierbei sicherlich auch die in Kürze beginnenden Tarifverhandlungen mit der GEMA sein, in denen im Lichte der Schiedsstellenentscheidung eine gemeinsame vertragliche Lösung für die Zeit ab dem 1. Januar 2014 gesucht wird. Die mit der GEMA für das Jahr 2013 getroffene Übergangsregelung bleibt bestehen.

Die Schiedsstellenentscheidung macht deutlich, daß dringender, gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, sagt der Dehoga. Wenn der Gesetzgeber nicht einschreite, werde die GEMA u.U. erneut aktiv.

Während tausende Kulturbetriebe in Deutschland monatelang um ihre Existenz bangen mußten, bedurfte es für die Schiedsstelle nur wenige Sätze um auszudrücken, daß die „Tarifreform“ insgesamt gegen geltendes Recht verstoße. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, strengere Spielregeln für die monopolistischen Verwertungsgesellschaften einzuführen.

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