„Grüner“ Strom in den Kinderschuhen

Die Umstellung der Stromerzeugung von fossilen Grundlagen auf sogenannte erneuerbare steckt in den Kinderschuhen. Im Jahr 2019 lag der Primärenergieverbrauch in Nordrhein-Westfalen bei 3 610 Petajoule (das entspricht 1 003 Milliarden Kilowattstunden) und war damit um 3,2 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, stieg im gleichen Zeitraum der Verbrauch aus erneuerbaren Energieträgern (Wind-, Wasserkraft, Solarenergie, Biomasse, Klär-, Deponiegas u. a.) um 4,7 Prozent auf 210 Petajoule (58,4 Milliarden Kilowattstunden).Was sich als rasanter Aufwärtstrend liest, ist wegen des geringen Ausgangsniveaus aber eher mickrig.

IT NRW hat eine Grafik angefertigt, die die Verantwortlichen eigentlich schrecken müsste.

Wie die Grafik zeigt, hat sich der Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Vorjahr auf rund 5,8% erhöht. Maßgeblichen Anteil an den erneuerbaren Energieträgern haben nach wie vor Biomasse und Windkraft. Von 2009 bis 2019 stieg vor allem der Energieverbrauch aus Solarenergie (+342,8 %), Umweltwärme/Geothermie (+231,7 %) und Windkraft (+175,9 %). Die eigentliche Krux ist allerdings, dass das angestrebte Ziel, 80% des Stromverbrauchs aus „erneuerbaren“ Energieträgern zu decken, in weiter Ferne ist. Und die Kohlekraftwerke im rheinischen Revier sollen ja nach Möglichkeit schon 2030 stillgelegt werden.

Der Primärenergieverbrauch setzt sich aus dem Energieaufkommen im Land, den Energiebezügen und -lieferungen über die Landesgrenzen sowie Bestandsveränderungen zusammen. Hierbei werden Primär- (z. B. Kohle, Erdgas, Öl) und Sekundärenergieträger (z. B. Strom, Fernwärme) als auch „erneuerbare“ Energieträger gewogen.

Wasserstoff ist neuerdings ein Zauberwort. Er ist allerdings ein Energieträger mit schwachem Wirkungsgrad. Für seine Herstellung wird viel Strom gebraucht, und wenn er dann wieder zu Strom wird, wird es sehr warm.  Das französische Unternehmen Saint-Gobain produziert in Herzogenrath Flachglas für den Bau und Windschutzscheiben für die Automobilindustrie. In Standort-Nähe gibt es reiche Vorkommen von besten Quarzsanden. Das Schmelzen der Sande bei 1.500 Grad Celsius verschlingt so viel Energie wie eine Kleinstadt im Jahr verbraucht – rund 450 Gigawattstunden.

Bis spätestens 2030 soll der Standort nun auf Energie aus grünem Wasserstoff – was soviel heißt, für seine Produktion wird Elektrizität aus „erneuerbaren“ Energieträgern benutzt – umgestellt werden. Jetzt soll eine eigene Wasserstoff-Produktion am Standort, ein eigener Elektrolyseur, gebaut werden. Der liefert künftig die Prozessenergie für die Glasherstellung. Was technologisch schon lange geklärt ist, wird nun erstmals im Industriemaßstab umgesetzt.

NRW-Ministerpräsident Wüst gab für die Umstellung den Startschuss. Er sagte aber nicht, wo der „grüne“ Strom herkommen soll und auch die anwesenden Medienvertreter fragen ihn nicht danach

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