Vorgezogener Kohleausstieg und die Folgen

Der Kreistag hat sich in seiner letzte Sitzung dieses Jahres ausführlich mit dem beschäftigt, was auf Wirtschaft und Gesellschaft zukommt, wenn der Kohleausstieg nun nicht 2038 sondern schon Ende dieses Jahrzehnts kommt, wie die neue Bundesregierung in Berlin anstrebt und wozu sich der Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst, schon einmal bereit erklärte. Schon der angepeilte Umbruch im Jahr 2038 stellt die Region vor Probleme, deren Lösung nicht nur Geld erfordert – davon ist mit ca. € 15 Mrd. erst einmal genug da – sondern Management- und Ingenieurkunst, gepaart mit Wagemut und Innovation. Ob dafür von allem genug mobilisierbar ist, wird sich zeigen.

Dem sind sich auch die im Kreistrag vertretenen politischen Parteien bewusst, wenn sie es auch nicht so formulieren. Sie fordern Versorgungssicherheit und meinen damit Elektrizität. Die ist jetzt im Übermaß vorhanden, da die Kohleverstromung der einzige Verwendungszweck ist. Energieintensive Betriebe suchten und fanden Standorte, die nach der Dekarbonisierung nicht aufgeben wollen. Das Revier ist aktuell eine der sichtigen Stützen der Energieversorgung in Deutschland. Die hier ansässigen Kohleverstromer exportieren Strom

Kohle (schwarze und braune) war wie schon im ersten Halbjahr 2021 auch im dritten Quartal der wichtigste Energieträger zur Stromerzeugung. Mit einem Plus von 22,5% verzeichnete der Strom aus Kohlekraftwerken auch den höchsten Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Anteil von Kohle an der insgesamt eingespeisten Strommenge betrug damit 31,9%. Danach kommt alles andere, auch die als „regenerativ“ bezeichneten Elektrizitätserzeuger. Gleichzeitig steigt der Strombedarf sprunghaft, nicht zuletzt durch das Forcieren der eMobilität, was sich  natürlich auf den Strompreis auswirkt, der jetzt schon der höchste in allen 27 EU-Ländern ist. Kein Wunder, dass das die Kreistagsabgeordneten umtreibt und nicht nur die.

Im Rheinischen Revier werden im Braunkohletagebau aktuell etwa 10.000 Leute beschäftigt, von denen wiederum knapp 7.000 in den Tagebauen sind. Dazu kommen natürlich die Arbeitsplätze, die vom Kohleabbau bedingt oder initiiert sind. Das dürften mindestens noch einmal soviel sein. Diese Leute brauchen neue Arbeitsplätze. Es gelte „Werkbank und Laptop“ gleichermaßen im Blick zu haben. Auch Flächenverfügbarkeit und Verfahrensbeschleunigungen müssten darauf ausgerichtet sein. „Eine Sonderwirtschaftszone Rheinische Revier muss beschleunigt realisiert und Voraussetzungen auch für (Groß-) Projekte geschaffen werden“, erklären die politischen Parteien im Kreistag.

Die befassen sich auch mit der Wasserwirtschaft und fordern ein großräumiges wasserwirtschaftliches Gesamtkonzept und ein koordinierendes Wassermanagement. Nach dem Ende der Kohle sollen drei große Seen die Region prägen und touristisch genutzt werden: „Zu deren rechtzeitigen Befüllung sowie Versorgung der Feuchtgebiete und der Oberflächengewässer mit ausreichender Wasserzuführung müssen die entsprechenden Voraussetzungen hergestellt werden, auch bei der Wasserentnahme aus dem Rhein, sowie Wiederherstellung von natürlichen Grundwasserverhältnissen“, heißt es.

Das hört sich gut an, aber wer sich mit den Realitäten beschäftigt, dem wird blümerant. Die Seen sollen mit Grund- und Rheinwasser gefüllt werden. Das dauert im besten Fall Jahrzehnte.

Damit Sorgen und Ängste nicht überhand nehmen und etwas herauskommt, wird die Verwaltung beauftragt, eine kurz-, mittel- und langfristige Zielsetzung zur Standortentwicklung, Flächennutzung, Arbeits- und Ausbildungsplatzentwicklung, Infrastruktur sowie der Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen umreißen. Bei der Entwicklung von ehemaligen Kraftwerksflächen sowie RWE-eigenen Flächen durch das Land und RWE sollen der Kreis und die Kommunen beteiligt werden.

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