Cannabis als Jungbrunnen

fot.nordbayerischer-kurier.defi1Die Balance zwischen alterstypischem Abbau und dagegen angehendenden stabilisierenden Prozessen bestimmt den Ablauf der individuellen Alterung. Inzwischen gibt es vermehrt Hinweise darauf, daß das Endocannabinoidsystem zu dem stabilisierenden Prozeß gehört. Dieses System heißt so, weil seine Schalter auch auf klassisch im Cannabis enthaltene Substanzen (THC) reagieren. Die Systemschalter, die CB-Rezeptoren (kurz für Cannabinoid), werden normalerweise aber mittels körpereigener Substanzen, die dem THC ähneln, den Endocannabinoiden, aktiviert. Diese Aktivierung moduliert die Abläufe, die zur Alterung dazugehören und könnte dabei sozusagen verjüngend auf den Körper einwirken. Allerdings wird das System inaktiver mit dem Alter, wie Forscher in Tieren feststellen mußten: die Gehirnzellen bauen seltener neue CB-Rezeptoren, und diese reagieren auch noch zunehmend schwächer auf die Endocannabinoide, die sie aktivieren sollen. Außerdem liegt in älteren Tieren auch weniger der aktivierenden Substanzen vor, die Rezeptorschalter werden also nicht nur seltener und reagieren schlechter, sie werden auch noch seltener genutzt.

Eine Reaktivierung der verlangsamten Rezeptoren könnte also eine wirksame Behandlung für den geistigen Abbau im Alter sein. Dies erscheint zumindest bei Mäusen mit einer niedrigdosierten Gabe von THC, wie es in Cannabis vorkommt, möglich. Medizinisches Cannabis könnte als möglicherweise nicht mehr nur gegen Schmerzen oder Appetitlosigkeit bei schweren Erkrankungen, sondern zur Unterstützung gesunden geistigen Alterns und Reaktivierung von Lern- und Gedächtnisleistung dienen.

Vor einer experimentellen Selbsttherapie oder heimlichen Keksverabreichung an alternde Angehörigen sei allerdings gewarnt. Bonner Autoren, die einen ausführlichen Artikel in „nature medicine“ zum Thema veröffentlichen, geben keine Informationen zu der genauen Dosierung beim Menschen, und auch zu den Nebenwirkungen sind Fragen offen. Zudem dürfte sich der Hausarzt vorerst mit der Rezeptausstellung schwertun.
Zum Originalartikel führt

www.nature.com

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