Rhein-Kreis Neuss. Der aktuelle Monitoringbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie eines Rundschreibens des Landkreistags (LKT) Nordrhein-Westfalen spechendanvon, dass die Energiewende stärker auf Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Kosteneffizienz ausgerichtet werden muss. Das hat man im Rhein-Kreis Neuss zur Kenntnis genommen. Er ist einer der wichtigsten Industriestandorte des Landes.
Der Rhein-Kreis Neuss ist Herzstück der industriellen Transformation im Rheinland. Hier endet 2030 die Braunkohleverstromung, d.h. Versorgungssicherheit muss hergestellt werden, aber wie? Bisher hat man auf Wasserstoff gesetzt, von diesem Energieträger wird gerne als Kohle der Zukunft geschwärmt. Ist das realistisch?
Der Bericht betont, dass die deutsche Energieversorgung in wind- und sonnenarmen Zeiten nur mit flexiblen Kraftwerkskapazitäten, Speichern und einem gezielten Netzausbau stabil gehalten werden kann. Da wird der Rhein-Kreis Neuss hellhörig. Im Rheinischen Revier sitzenbekanntlich energieintensive Unternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit von sicheren und bezahlbaren Energiepreisen abhängt. Und neue Betriebe sollen hinzu kommen. Es sind Rechenzentren angekündigt, die einen enormen Strombedarf haben. Das wird aber nur Realität, wenn es ausreichend und bezahlbare Energie gibt. Dass die auf Dauer subventioniert werden kann, wie jetzt mit dem Stichwort „Industriestrompreis“ angekündigt, ist mehr als unwahrscheinlich.
Ein geplante Wasserstoff-Kernnetz, das bis 2032 entstehen soll, führt direkt durch das Rheinland und macht die Region zu einem zentralen Standort für die Produktion, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff. Für den Rhein-Kreis Neuss bietet dies große Chancen, die Energiewende aktiv mitzugestalten und neue Wertschöpfung zu schaffen, heißt es bei der Kreisverwaltung.
Das Rundschreiben des Landkreistages fasst die vom Bund formulierten zehn Schlüsselmaßnahmen zusammen, die künftig die Energiepolitik leiten sollen. Dazu zählen ein realistisch berechneter Strombedarf, die marktgerechte Förderung erneuerbarer Energien, der synchrone Ausbau von Netzen und Speichern, der Aufbau eines technologieoffenen Kapazitätsmarktes für flexible Gaskraftwerke sowie eine Beschleunigung des „Wasserstoff-Hochlaufs“.
Ist das realistisch? Zu einer Fundamentalkritik am Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sorgte der Bundesrechnungshof vor wenigen Tagen. Der Energieträger sei als Ersatz für Erdgas, Öl und Kohle „absehbar nicht wettbewerbsfähig“ – und zwar weder im Import noch in der Eigenproduktion.
Die in der Nationalen Wasserstoffstrategie niedergelegten Ziele stellten ein „erhebliches Risiko“ für den „bereits aus den Fugen geratenen Bundeshaushalt dar“, warnte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller. Es drohe „Dauersubventionierung“. Dabei sei sogar „unsicher, ob die gewünschte positive Klimawirkung eintritt“.
Apropos Klimawirkung. Seit die „Energiewende“ propagiert wird, gibt es eine CO2-Abgabe. Damit werden fossile Brennstoffe wie Benzin und Diesel an Tankstellen, aber auch Gas und Koks teurer. Was gewollt und so gelenkt wird: so soll der Umstieg auf Erneuerbare gepusht werden. Deutschland will 2045 klimaneutral sein – fünf Jahre vor dem EU-Ziel von 2050. Berlin ist mit der CO2-Bepreisung ambitioniert vorausgeprescht – in der Erwartungshaltung, dass der Rest Europas auf Sicht folgen möge. Das war auch so angedacht. Das entsprechende Instrument heißt ETS2. Nun ist dessen Verschiebung – gleichzeitig mit der Abschwächung der Lieferkettenbestimmungen – beschlossen worden, was bedeutet, dass die deutsche Industrie weiterhin den Wettbewerbsnachteil alleine trägt, den andere EU-Staaten – weltweit sowieso – und ihre Betriebe nicht haben, darauf hat zuletzt der Verband der Giesserei-Industrie aufmerksam gemacht.